Wenn Winzer ins Schwärmen geraten: Viel Persönliches beim 3. Bonner Winzer-Slam

Dieses Format ist ein „Bonner Original“: Beim Bonner Winzer-Slam lernt das Publikum Winzer auch von der persönlichen Seite kennen. Bereits zum dritten Mal ließen sich vier Weinmacher auf das ungewöhnliche Konzept ein und stellten sich und exemplarisch je zwei ihrer Weine dem Publikum im gut gefüllten Podium 49 vor. 

Barbara Roth vom Weingut Wilhelmshof. Foto: Archut

Die Winzerin mit der weitesten Anreise machte den “Eisbrecher”: Barbara Roth vom Wilhelmshof im südpfälzischen Siebeldingen begeisterte das Publikum mit einem Winzersekt, für den das Weingut, das sie gemeinsam mit ihrem Mann Thorsten Ochocki betreibt, heute berühmt ist. Gerade erst ist der Wilhelmshof zum „Sekterzeuger des Jahres“ gekürt worden und hat den Bundesehrenpreis in Gold des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft erhalten – die höchste Auszeichnung, die deutsche Wein- und Sekterzeuger für ihre Qualitätsleistungen erhalten können. Roth berichtete dem Publikum, wie ihr Vater Herbert Roth seinerzeit im Streit mit den Behörden lag, weil diese ihm die Verwendung des im Ausland damals schon gängigen Begriffs „Blanc de noirs“ für einen Sekt aus weißgekelterten Rotweintrauben verweigerten. Der Senior blieb hartnäckig und bescherte damit auch ganz nebenbei seinen deutschen Kollegen einen Boom, denn auch als Stillwein begeisterte und begeistert deutscher „Blanc de noirs“ seit Jahren die Weinkäufer im Land. Apropos Stillwein: Mit einem Weißburgunder aus der Siebendinger Toplage Im Sonnenschein zeigte Roth, dass der Wilhelmshof auch in diesem Segment Beachtliches produziert.

 

Andreas Archut (l.) moderierte den Slam, Cornelius sorgte während des Slams für volle Gläser. Fotos: Volker Lannert

Thomas Philipps vom Weingut Philipps-Mühle.

Für den Mittelrhein stieg Thomas Philipps vom Weingut Philipps-Mühle in St. Goar in die „Bütt“ und berichtete, wie er gemeinsam mit seinem Bruder Martin den elterlichen Betrieb in ein modernes Weingut umwandelte. Vater Josef hatte die 1264 erstmals urkundlich erwähnte Mühle in den frühen 80er-Jahren als Müller übernommen. Weinbau lief dabei nebenher – genauso wie ein Naturkostladen und eine Schenke. Die Söhne bauten nach Ausbildung und Weinbau-Studium den Weinbaukräftig aus – vom Hobby zu einem Vollerwerbsbetrieb mit aktuell 6 Hektar Anbaufläche. Sie rekultivierten Steillagen in St. Goar und pachteten Weinberge in den Nachbarorten dazu. Hier wächst nun wieder zumeist Riesling, und als Beispiel dafür hatte Philipps einen St. Goarer Burg Rheinfels Riesling mit dabei. Ein Müller-Thurgau als zweiter Slam-Wein der Philipps-Mühle dokumentierte, dass junge Winzer die lange Zeit gering geschätzte Rebsorte wiederentdeckt haben und in eigener Interpretation und mit hoher Qualität zu produzieren verstehen. Philipps hat sich mit Gleichgesinnten in der Winzervereinigung „Gipfelstürmer“ zusammengetan, die in der Region unter anderem durch das alljährliche Wein-Event „Mittelrhein Offroad“ am Drachenfels bekanntgeworden ist.

Frank Schäfer vom Weingut Schäfer. Foto: Volker Lannert

Als weiterer Vertreter der Pfalz – Bereich Mittelhaardt – trat Frank Schäfer vom Weingut Schäfer in Neustadt an der Weinstraße an. Der 20 Hektar Rebfläche umfassende Betrieb im Ortsteil wird generationsübergreifend betrieben: Während Senior Axel Schäfer auf den Weinanbau spezialisiert ist, kümmert sich Junior Frank um den Ausbau der Weine. Im Weinberg lernte er seine heutige Frau Olga kennen und lieben wie er dem Publikum verriet. Der sportbegeisterte Jungwinzer holt sich Adrenalin-Kicks beim Bungeejumping und Down-Hill-Skateboarding. Auch beruflich geht er gerne an seine Grenzen. Mit seiner eigenen Premiumweinlinie „Limit“ hat er sich einen persönlichen Traum erfüllt: Er präsentiert unter diesem Label handwerklich hervorragende, ausgefallene und komplexe Weine aus den besten Lagen – in limitierter Auflage von 500 bis 1.200 Flaschen. Anhand des exklusiven Spätburgunders aus der Lage Haardter Bürgergarten konnten sich die Besucher des Winzer-Slams von den Früchten dieser Bemühungen überzeugen.

Clemens Ladenburger. Foto: Volker Lannert

Der vierte Slammer, Clemens Ladenburger, wurde in Wien geboren, wuchs aber im Rheinland auf, wo sein Vater als Kustos des Bonner Beethovenhauses arbeitete. Nach dem Abitur am Beethoven-Gymnasium machte Ladenburger eine Ausbildung zum Winzer in Württemberg und an der Ahr. Nach dem anschließenden Weinbaustudium zog es ihn in die Welt hinaus. Über Uruguay und Spanien ging es zurück nach Deutschland zu Weingütern an der Nahe und in Württemberg. Seit 2014 gehört Ladenburger dem Weingut Datz in Wallhausen (Nahe) an, in das er eingeheiratet hat. Seit 2015 hat Ladenburger eigene Weinlinie, die „CL Weine“ mit trockenen Weinen von besonderer Qualität. Eine Premiere präsentierte er vor kurzem mit „Pan“, einem rebsortenreinen Cabernet Blanc, eine relativ neue, pilzwiderstandsfähige Rebsorte, mit dem er beim Winzer-Slam antrat. „Atlas“ heißt die kräftige Rotwein-Cuvée, die er zum Abschluss präsentierte.

Nach dem Slam waren die Winzer vom Publikum umlagert. Foto: Volker Lannert

Im Anschluss an die Präsentationen hatte das Publikum die Gelegenheit, mit den Winzern ins Gespräch zu kommen, den ein oder anderen Wein ein zweites Mal zu probieren – und diesen auch zu bestellen.

Der nächste Winzer-Slam soll im Juni 2019 stattfinden.

Autor: Andreas Archut

Andreas Archut ist gelernter Chemiker, hauptberuflich Pressesprecher, nebenbei Honorarprofessor für Wissenschaftskommunikation und hier als anerkannter Berater für deutschen Wein aktiv. Er veranstaltet Weinseminare und -events für alle, die Spaß am Wein haben.